Malerei in einem elementaren Sinn
Stephan Berg

Hans Raths Malerei steht auf den ersten Blick fremd in der vielfältig zerklüfteten Landschaft, die dieses Medium am Ende unseres Jahrhunderts zeigt. Die Problematisierung und/oder Weitertreibung der Idee der Abstraktion beschäftigt sie ebensowenig, wie eine versuchte konzeptionelle Einbettung in einen „Kunst über Kunst"-Diskurs. Rath, 1952 in Hermeskeil geboren und mittlerweile vor allem in Südfrankreich lebend, formuliert die Aufgabe der Malerei in einem elementaren Sinn: Mit beharrlicher Entschiedenheit spürt er der Möglichkeit nach, Wirklichkeit in Malerei zu übersetzen, nicht um die Realität nachzubuchstabieren, sondern, um sie im malerischen Zugriff neu zu erfinden. Dahinter steckt ein Vertrauen auf die eigentlich schon verloren geglaubte Macht des Mediums, zu „wirklichen" Bildern zu kommen, die sich keiner blauäugigen Naivität verdankt, sondern einer bewusst gesetzten Entscheidung. Gegen die Auflösung des Tafelbildes in eine Fülle disparater sich selbst relativierender und selbstreflexiv umkreisender Fragmente, setzt Rath eine Mal-Welt-Relation, in der das Gemalte und das Gemeinte noch einmal zu einer Deckung finden. Im Wesentlichen umfasst das bisher entstandene Werk drei große Themenfelder: Landschaft, Stadt-(Architektur) und Porträts. Ebenso bewusst klassisch wie die Motiv-Wahl, ist der malerische Zugriff darauf: Raths Bilder entstehen stets aus einem direkten Gegenüber mit dem thematisierten Gegenstand, nie über den Umweg einer zwischengeschalteten Vorlage. Die Beziehung zwischen Motiv und Malhand ist immer heiß und unmittelbar, und somit auch stets bedroht vom Risiko des Scheiterns. Auf der Leinwand entscheidet sich alles. Kein Systemnetz, kein doppelter Boden schützt vor dem Absturz ins Misslingen. Gegenständlichkeit ist für diese Malerei kein inhaltliches Dogma, sondern ein wesentlicher Widerstand, um zu Bildern zu gelangen, die über die Fixierung der Oberfläche der Dinge und Personen zu ihrer inneren Identität durchstößt, ohne diese in irgendeiner Form poetisch-metaphysisch aufzuladen. Struktur und Aussage des Bildes begründen sich viel-mehr immer im oft wie gebaut wirkenden Mal-Duktus, in der Transformierung des Gesehenen in eine Welt, die aus nichts anderem als aus Malerei besteht.